“Ein wenig schüchtern blickt der Junge hinter dem Steuer des Wagens aus dem Seitenfenster. Ein zaghaftes Lächeln auf den Lippen, die blonden Haare streng gescheitelt, der Blick in die Kamera ein wenig unsicher. Der 14-jährige Wolfgang Porsche ragt gerade so über das Lenkrad des 356 A Coupé, der 1957 einen Meilenstein in der bisherigen Firmengeschichte darstellt. Ein Augen- blick im Rampenlicht, das der zurückhaltende Enkel des legendären Automobilkonstrukteurs eigentlich scheut. Beinahe scheint es, als begreife der Junge just in diesem Augenblick, welch große Verantwortung einmal auf seinen Schultern lasten wird. Der Name Porsche, für Millionen Verheißung und Versprechen, für ein Kind auch lebenslange Verpflichtung.
Fünf Jahrzehnte später wird der jüngste Sohn von Ferry Porsche mit tränenerstickter Stimme diejenigen Worte sagen, die ihn erstmalig ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit holen und ihm fortan für immer anhaften: »Der Mythos Porsche lebt und wird nie untergehen.« Im vielleicht schwierigsten Moment seiner Karriere bittet Wolfgang Porsche die Belegschaft angesichts der Übernahmeschlacht um VW um Vertrauen. Die rund 5.000 Mitarbeiter, die an diesem Nachmittag im Juli 2009 im Zuffenhausener Fabrikhof im Regen stehen, zittern einer ungewissen Zukunft entgegen. Doch in der bis dahin größten Krise des Sportwagenherstellers zeigt sich die Stärke des Miteigentümers. Wolfgang Porsche – genannt WoPo – ist nicht nur Manager, sondern Mensch. Er sagt, Porsche, das ist nicht nur meine Familie, sondern auch jeder Einzelne von euch. Und er lebt es vor. Nicht nur im Werk, sondern auch an der Rennstrecke. Beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans steht er als über 70-Jähriger selbst mitten in der Nacht noch in der Box und fiebert mit seinem Team. Es ist auch Wolfgang Porsche, der – nur wenige Minuten nachdem Toyota 2016 seinen ersehnten ersten Sieg an der Sarthe verzweifelt an Porsche abgeben muss – zuerst in das Zelt des japanischen Konkurrenten läuft. »Porsche«, sagt er sichtlich bewegt, »Porsche ist Erster, aber Toyota war das beste Team.« Wenn man dem mächtigen Aufsichtsratsvorsitzenden in solchen Momenten zuhört, dann klingt in seinem schwäbischen Zungenschlag immer noch der Hall des großväterlichen Schlaghammers mit. Vielleicht ist es sein Verdienst, dass die Firma Porsche trotz Übernahme durch den Volkswagen-Konzern nie an Seele verloren hat.”
Auszug aus einem Beitrag für Porsche Klassik, Ausgabe 13, 02/2018, Delius Klasing Verlag