“Es gibt wohl keinen passenderen Ort für Lichtkunstwerke als ein glutrotes Landhaus auf einem sonnenbeschienenen Hügel mitten im Luberon, jener Gegend, die die Franzosen „le pays des lumières du paradis“ nennen, das Land des paradiesischen Lichts. In einer ehemaligen Ockerfabrik am Rand des provenzalischen Städtchens Gargas betreibt Régis Mathieu eine Manufaktur von Weltruhm: Er restauriert, reproduziert und designt Kronleuchter. Seine Arbeiten schmücken die Opera Philadelphia, das Opernhaus von Paris, das Schloss von Versailles und den Laxmi Vilas Palast. In Mathieus Licht glänzt die große Welt. Und eine schöne Porsche-Sammlung. In den orangefarbenen Räumen seines Museums in Gargas strahlen Raritäten aus Zuffenhausen mit Kristallen von Ludwig XIV. und Madame de Pompadour um die Wette. Unter den Fahrzeugen befinden sich seltene Modelle, etwa ein Porsche 904 Carrera GTS von 1964, ein 356 Speedster, ein 911 Carrera RS 2.7 und ein 718 RSK. Mathieus Porsche-Leidenschaft begann früh: Bereits mit 17 Jahren kaufte er einen VW „Käfer“, restaurierte ihn und erstand bald darauf seinen ersten 356 C. Der passionierte Sammler konzentriert sich ausschließlich auf Sportwagen, die unter Ferdinand, Ferry oder F. A. Porsche entworfen wurden.
Einen Kronleuchter verbindet man gemeinhin mit Schlössern, Kathedralen und herrschaftlichen Altbauten, weniger mit modernen Häusern. Mathieu sieht das anders: „Ein Kronleuchter war schon damals ein herausragendes Kunstobjekt, das Auskunft über die Verhältnisse seines Besitzers gab.“ Auch Mathieu, 46 Jahre alt, entwirft Lichtobjekte, die weit mehr sind als Beleuchtung. Von der Decke des Schauraums hängt ein gigantischer Kubus, der an fünf Seiten aus geräuchertem Bergkristall besteht und an der sechsten aus violett schimmernden Amethysten. Nur acht Exemplare wurden von diesem Werk produziert, denn Exklusivität ist nicht nur für Porsche-Sammler ein wichtiges Kriterium, sondern auch für Mathieus illustre Auftraggeber. Vor wenigen Tagen, erzählt er, habe er mit einem indischen Maharadscha beim Lunch einige Designs für ein neues Lichtobjekt besprochen – ganz so, wie es einst der französische König Ludwig XIV. mit den Lichtkünstlern seiner Zeit getan haben dürfte. Dabei zählt auch der „Sonnenkönig“ gewissermaßen zu Mathieus Kunden, denn im Schloss Versailles hängen viele originalgetreue Nachbauten und restaurierte Leuchter aus Gargas.
Hinter dem Erfolg steckt harte Arbeit. Mathieus Vater macht sich nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Produktion zeitgenössischer Leuchter einen Namen, doch nach seinem frühen Tod – Régis ist erst elf Jahre alt – wird das Unternehmen aufgelöst. Mit 20 entscheidet sich der Wirtschaftsstudent dazu, die Mathieu Lustrerie erneut zum Leben zu erwecken. Neben seinem Studium arbeitet er unablässig am Relaunch, übt sich an eigenen Entwürfen, wird zum Autodidakt. Und er beginnt, die Orte zu besuchen, an denen potenzielle Kunden residieren, zum Beispiel in Russland, dem Nahen Osten, den USA und natürlich in Frankreich. Jeden Cent, den er verdient, steckt er in sein Unternehmen. Bis auf eine Ausnahme: Bereits mit 19 Jahren kauft Mathieu seinen 356 Speedster. „Dieses Auto war wichtig für mich. In der Zeit, in der ich die Firma aufbaute, bin ich damit jeden Tag zur Arbeit gefahren. Und obwohl ich sehr hart arbeitete und noch nichts verdiente, fühlte ich mich reich, denn ich war von morgens bis abends von Dingen umgeben, die mich glücklich machten.“
Text erschienen in Christophorus 387 Ausgabe 03/2018, Delius Klasing Verlag